3/11/2007

Valient Thorr und die Frage nach der Notwendigkeit

Valient Thorr - Rock'n'Roll-Champion of the world und nebenbei haariges Bühnenmonster mit fünf Köpfen. Unlängst stand ihr Video zu Exit Strategy auf der Startseite der allseits beliebten show-off-Plattform myspace und sorgte in Folge für einigen Unmut - möchte man den Kommentaren (Stand 11.03.: 36 Seiten/352 comments) Glauben schenken. Natürlich geht der Grundtenor Richtung "großartige Arbeit, Jungs - immer weiter so!" - aber die Gegenstimmen sind fast ebenso laut. Beim schnellen Durchsehen sind ein paar der (meiner Meinung nach recht schwachsinnigen) Kommentare hängengeblieben und lassen mich doch etwas an der Intelligenz so mancher Menschen zweifeln. Fangen wir mit dieser Aussage an:

"music wasn't always about politics, this is selfish."

au contraire, my friend - Ersterem könnte man vielleicht noch zustimmen und es ist sicherlich Geschmacksache, ob man seine Musik jetzt politisch mag, oder eben nicht. Fakt ist aber, dass seit jeher (und gerade im Rock'n'Roll) vordergründig, aber auch sehr versteckt, politische Inhalte transportiert wurden. Ob das jetzt mit der Dampfhammermethode á la Rage Against The Machine passiert, oder etwas unterschwelliger (und dadurch auch mißverständlicher) wie zum Beispiel einst Woody Guthrie mit "This Land Is Your Land" - Musik (!) war immer eines der beliebtesten Medien, um Meinung kundzutun. Oder um wieder einmal Joe Hill (aus dem Gedächtnis) zu zitieren: "A pamphlet, no matter how good, is never read more than once. But a song is learned by heart and repeated over and over."
Musik & Politik ist keine Erfindung die der Bush-Ära entspringt - vielmehr macht sie die Wiederbelebung von politischen Inhalten in Rockmusik notwendig. Es gibt eine recht erschreckend-amüsante Untersuchung zu den Inhalten von Songs in den Billboard-Top 20: "American Brandstand" - und wenn man sich diese Liste so betrachtet, kommt da nicht unweigerlich die Frage auf, ob es nicht wichtiger wäre über die Realität zu singen? Oder verlieren wir uns irgendwann komplett im Eskapismus? Für so manchen Kommentator zu Valient Thorrs Exit Strategy dürfte der Zug schon lange abgefahren sein. Zum Beispiel für den hier:

"Oh, my goodness, another band protesting the war! So edgey and hip! Maybe they can go join up with Madonna, Pink, and the Rolling Stones, and have Mocha Latte, because that's what the cool kids do now. What a bunch of losers. Be original, turds."

Haha! Edgey and hip? What the fuck? NATÜRLICH gibt es seit Amtsantritt des Affen im Weißen Haus zig Bands die protestieren. Und das sollte verdammt noch mal auch so sein! Protest aus Trendgründen? Was ist das für eine Logik? Näher betrachtet ist dieses Kommentar aber gar nicht so interessant, sondern einfach nur...dämlich. "Be original" ? Huh? Wie original? Statt zu seiner eigenen Meinung stehen, die von vielen geteilt wird, besser die Gegenposition annehmen, weil die "unhip" ist - wäre das die Lösung?
Ja gut - der Typ könnte sich ja dann dieser süßen Schnecke annehmen:

"do we really need another political attack. we get it musicians hate bush. for fucks sake already sing about something else."

Gut, schön - dann geht's halt wieder nur um ficken, fressen, saufen, oder wie? Versteht mich nicht falsch - ich bin sofort dabei, wenn es um sinnbefreite Songs geht, solange sie gut gemacht sind - aber genauso liebe ich Songs mit intelligenten Inhalten, mit einer Aussage. Hier wären wir auch schon wieder bei dem großen Thema Eskapismus - ja, ich steh' heute auf das Wort, aber es will nicht in meinen Kopf: Was genau ist so schlimm daran, wenn einen Musik auch mal darauf hinweist, dass etwas verdammt schief läuft? Der erste, der mir diese Frage zufriedenstellend beantworten kann, bekommt einen Keks.

Damit vorerst genug - Valient Thorr werden übrigens mit Fu Manchu auf Tour sein. Und ich werde in der ersten Reihe stehen. Soviel ist sicher.


"We learned more from a three minute record, than we ever learned in school." (Bruce Springsteen)



3/03/2007

Wieder mal Rock'n'Roll

Ich habe definitiv zu lange Hippie-Musik gehört, deshalb steht der heutige Tag unter dem großen Rock'n'Roll-Stern - more the less. Aufgestanden wurde zu den Small Jackets, eine äußerst sympathische und vor allem großartige Band aus Italien. Ich wäre scharf dafür, dass die mal eben über die Grenze hüpfen, um hier eine Show zu spielen. Und weil ich's gerade sehe: Demnächst spielen sie mit Zamarro, eine ebenso großartige Band aus dem andern Nachbarland, der Schweiz. Und das Spiel der Zusammenhänge geht weiter: Eben jene haben eine Split 7" mit The Mochines aufgenommen. Da hört die Small-World-Theorie aber auf, denn die Typen sind aus Kapstadt, Südafrika - und da endet mein musikalischer Horizont.
Rock'n'Roll also - gerade läuft Mike Ness' "Cheating At Solitaire" und trotz Country gehört der Archetyp des R'n'R da natürlich dazu. Social Distortion ist sowas wie eine Konsens-Band, würde ich sagen - zumindest, wenn man sich nur annähernd mit Gitarrenmusik beschäftigt. Im Freundes-(& Magazin-)Kreis noch ein Stück mehr und das hat dazu geführt, dass vor cirka 1 1/2 Jahren (puh, mein Gedächtnis) eine Pilgerfahrt von Wien nach München stattgefunden hat. Social Distortion kamen damals erstmals nach zig Jahren wieder nach Europa und - wie man sich denken kann - stieg ihr Bekanntheitsgrad und Ansehen in diesen Jahren ins Unermessliche. Die Shows waren fitzefatze ausverkauft, also wurde einfach zwei Tage lang in (so ziemlich) jeder Stadt verweilt. Das führt im Nachhinein etwas zu Verwirrung und der Gretchenfrage: "Warst du am ersten oder am zweiten Tag dabei?" Kollektiverinnerung Social Distortion-Konzert. Eine andere kollektive Erinnerung ist mit Sicherheit die Guns'n'Roses-Tour 1992 (und 1993). Jeder, wirklich JEDER in meinem Umfeld, der nur annähernd etwas mit Musik am Hut hat, sah die eine oder andere Show damals. Me war selbst bei zwei (einmal Wien - Donauinsel - 23. Mai 1992 und München - Olympiastadion - 1993) und irgendwie ist so ein gemeinsames Erlebnis eine recht schöne Sache für dieses Ding namens Gesprächsgrundlage. Meine Erinnerung an das Konzert ist natürlich Fan-getrübt und zudem war es mein allererstes Konzert (und ich war zu dem Zeitpunkt elf Jahre alt, sollte man vielleicht auch erwähnen). Ältere Herrschaften erinnern sich an diese Shows als ein großes Theater bei dem die Musik halt schon so lala war, okay, but nothing to write home about. Apropos: Was wirklich jeder (also: JEDER) in diesem Zuge erwähnt ist, dass Soundgarden und Faith No More als Vorbands dabei waren. Ich würde also mal sagen: Ein Stück Musikgeschichte. Und ich war dabei. Woop!